Vom Anstoßen, Absetzen, Prost und „Mit Gunst“
Das Anstoßen ist ein Ritual aus dem Mittelalter. Da dort die Giftmischerei Gang und Gebe war und man sicherstellen wollte, dass der Saufkumpane einem nicht das Bier vermieste, stieß man mit den Bierhumpen kräftig an, so dass das Bier in die anderen Gläser überschwappte. Wer danach nicht mittrinken wollte, machte sich dadurch natürlich gleich verdächtig. Die Sitten beim Trinken sind noch heute in den Ländern und Regionen unterschiedlich und die meisten haben einen kulturellen Ursprung.
In Steinhude, zumindest beim früheren traditionellen Fischerkreidag wird aus einem „Prost“ oder „Zum Wohl“ ganz schnell ein „Mit Gunst“. Das Fischermahl fand mit geladenen Gästen am Samstag vor dem Brassenschlag im Zunftlokal statt. Aus Tradition machte dort der Köhm gefüllt mit Klarem, die Runde. Jeder nahm einen Schluck und gab diesen mit den Worten „Ik senge mit Gunst“ an den nächsten Gast weiter.
In der bayerischen Gegend setzt man das Glas oder den Krug nach dem Zuprosten gelegentlich erst mit dem Boden auf dem Tisch ab, bevor man den ersten Schluck nimmt. Eine Theorie des Absetzens ist der Gebrauch von Krügen aus Steingut mit Zinndeckeln: Man stieß an und setze dann ab um mit dem Daumen der „Haltehand“ den Deckel zu öffnen und trank erst dann. Wenn man also auf das Absetzen verzichtet, trinkt man sozusagen durch den eh nicht vorhandenen Deckel. Eine weitere Erklärung wäre, da beim schwungvollen Anstoßen oft Bier überschwappe, würden die Tropfen am Boden des Glases beim Absetzen abgewischt, um die Kleidung nicht zu beflecken. Überzeugender erscheint da eine Begründung, die auf der bajuwarischen Sitte beruht, Bier aus Literkrügen zu trinken. Ein voller Maßkrug wiegt etwa zweieinhalb Kilogramm, weshalb man mit der Hand am besten durch den Henkel greift. Beim Anstoßen in großer Runde könne dies aber zu Handverletzungen führen. Deshalb ist es zufolge „umsichtig“, den Krug zum Anstoßen erst am Henkel zu fassen, danach abzusetzen und umzugreifen. Diese Technik ist bei Einheimischen in Perfektion zu bewundern.
Viele Traditionen haben ihren Sinn verloren oder hatten nie einen, jedoch sollte man seinem Gegenüber beim Zuprosten immer in die Augen schauen… Leute, das gehört sich einfach so.